Blutbad im Nordwesten Syriens

Blutbad im Nordwesten Syriens: Dutzende Drusen von Islamisten ermordet

Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) aus drusischen Quellen erfuhr, haben sunnitische Extremisten der Al Nusra-Front und verbündete Gruppen der syrischen islamistischen Opposition am Mittwoch im Nordwesten Syriens Dutzende von Drusen ermordet. Unter den Opfern soll auch ein achtjähriges Kind sein, wird auf einigen Webseiten der Drusen berichtet. Dort wurden die Namen von 20 Ermordeten veröffentlicht. Die Al Nusra-Front ist der syrische Zweig des Terrornetzwerks Al Kaida.

Das Blutbad soll sich in der Bergregion „Simaq“ in der Provinz Idlib ereignet haben. Dort gibt es 17 drusische Ansiedlungen mit höchstens 30.000 Einwohnern. Rund 20.000 Flüchtlinge aus umkämpften Gebieten haben hier Schutz gesucht. Die drusische Religionsgemeinschaft ist ein Zweig der schiitischen Konfession. Ihre Anhänger leben vor allem im Libanon (ca. 280.000), in Syrien (ca. 700.000), in Israel (ca. 125.300) sowie in sehr geringer Zahl auch in Jordanien.

Die Provinz Idlib hatte 2011 zu Beginn der syrischen Revolte etwa 1.850.000 Einwohner, vor allem Sunniten und Angehörige kleinerer Minderheiten. Christen sind aus Idlib nahezu vollständig geflohen. Hier war der bewaffnete Widerstand gegen das Assad-Regime besonders stark. Die syrische Luftwaffe griff deshalb nicht nur Stellungen der Islamisten, sondern auch friedliche Ortschaften an, unter anderem mit Fassbomben. Ende Mai 2015 eroberten die Islamisten die gleichnamige Provinzhauptstadt Idlib. Die Kämpfer wurden dabei aktiv von der türkischen Regierung unterstützt.

Die syrische Opposition im Ausland, „die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte“, hatte die Eroberung als „Befreiung“ bezeichnet. Die bewaffnete islamistische Opposition will in Syrien einen „rein-sunnitischen islamischen Staat“ gründen. Daher werden Minderheiten verfolgt und vertrieben. Das Assad-Regime wird vom Iran und der schiitischen Hisbollah unterstützt, der bewaffnete Widerstand von der Türkei und Saudi-Arabien.

Ende Mai behandelte der arabischsprachige katarische TV-Sender Al Jazeera den Chef der Al Nusra-Front, Abu Mohammed al-Golani, wie ein Staatsoberhaupt und gab ihm die Möglichkeit, stundenlang seine Ansichten kundzutun. Der Islamistenchef drohte mit „Rachefeldzügen gegen diejenigen, die Sunniten angegriffen haben“. Er forderte alle Nicht-Sunniten dazu auf, „sich dem wahren Islam“ zu wenden. Deutsche und internationale Medien bewerteten diese „Aktion“ von Al Jazeera als „eine PR-Offensive, um mehr Anhänger zu gewinnen.

Author: Kamal Sido, GfbV-Nahostreferent
E-Mail: nahost@gfbv.de, presse@gfbv.de

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